31. Okt, 2018 | Zur Übersicht

Must-Haves, It-Bags und sonstige Girlies.

Der sanfte Wachstumsprozess der geschehenlassenden Aktivität, der Resonanzversuche und des feinen Taktgefühls, steht im strikten Gegensatz zu dem, was uns das moderne Leben so abverlangt, denn dieses kann manchmal ziemlich zwanghaft sein. Das sogenannte Konsumleben zumindest. Man wird fast genötigt, momentan gerade angesagte Sportschuhe zu tragen, irgendwelche Handtaschen zu kaufen oder sich mit speziellen Energy Drinks einzudecken. Und sich am besten auch damit zu zeigen. In den sozialen Medien vorzugsweise.

Doch wie das meistens so ist, erzeugt Druck ziemlich schnell Gegendruck. Und die Must-Haves von gestern sind die Ladenhüter von heute und morgen bereits in der sogenannten Versenkung verschwunden. Treue oder Dauerhaftigkeit ist wohl nicht so ganz das Ding der heutigen Gesellschaft – oder besser gesagt Shopping-Society. Auch dazu gibt es ja bereits wieder Antithesen.
Shoppen ist noch immer eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Nur acht Prozent der Deutschen sehen Einkaufen anders an. Dabei ist Shoppen zu einem echten Volkssport geworden. Genauso wie Genuss und Alltagsflucht. Nebenbei überschlagen sich die Stile, Trends und Geschmäcker. Wenn jeder von uns im Moment in etwa 10.000 Dinge sein eigen nennt, dann heißt das umgerechnet, dass wir in unserem Leben Hunderttausende von Produkten an uns vorüberziehen sehen, die uns alle irgendwann einmal „gehören“. Oder gehören wir ihnen? 

Mittlerweile sind früher als langlebig bekannte Produkte durch schnelllebige ersetzt worden, die großen Ketten von Ikea bis H&M zeigen es vor. Soll man Wäsche wirklich noch waschen und Geschirr spülen – oder lieber gleich zu Einwegkleidung übergehen? Mit dem Soziologen Zygmunt Bauman lässt sich die Bereitschaft zur permanenten Erneuerung der eigenen Produktwelt erklären: „Der Trick ist es, eine Sehnsucht zu wecken, die sich fortwährend nach neuen Sehnsüchten sehnt.“ 

Egal ob elektrische Geräte oder Handys, sie werden ausgetauscht. Ziemlich schnell und meist noch bei voller Funktionstauglichkeit. Die geplante Obsoleszenz stellt das größte diesbezügliche Paradoxon dar. Sollbruchstellen und Fehler werden in Produkte eingebaut sowie minderwertige Materialien verwendet, um ihre Lebensdauer zu verkürzen und die Produktionskosten zu senken. Ausnahme sind Luxusartikel, wie Uhren, die noch an die nächste Generation übergeben werden oder teure Autos, Schmuck und Luxusimmobilien. Im Konsumverhalten geht eine Schere auf: Einerseits wollen alle immer mehr von allem, andererseits sucht man die Verknappung von Gütern, die nur wenige besitzen, um sich abzugrenzen. In seinem Buch „Habenwollen“ zeigt der Kunsttheoretiker Wolfgang Ullrich, dass Konsum mehr darstellt als die reine Bedürfnisbefriedigung. Denn zusätzlich zur Befriedigung ist der Mensch immer auf der Jagd nach Angeboten, die einen Rausch möglichst ohne Kater versprechen, Abenteuer implizieren ohne Risiko, Spiritualität ohne Kirche oder Sex ohne Schwangerschaft und Verhütung.

Auch das „Habenwollen“ hat deshalb bereits ziemlich ausgedient. Denn wie wir bereits festgestellt haben, ist jede erfüllte Sehnsucht langweilig. Und haben können wir einfach bereits fast alles. Darum weiten wir aus – die sozialen Medien tragen ihren Teil dazu bei. Es geht immer mehr darum, was wir sein wollen.

„Love-to-be“ könnte also das neue Zauberwort im Marketing lauten. Marken, die uns dabei unterstützen, unser Selbstbild zu verändern, zu stylen. Marken, mit denen wir lernen, uns selbst zu lieben. Und natürlich Marken, mit denen wir in Resonanz gehen, die eine neue Sehnsucht nach uns selbst wecken. 

Nehmen wir das neue Apple X: Es benutzt als Passwort die neue FACE ID. Das eigene Gesicht.
Oder Nike zeigt im neuen Spot „Find your greatness“, dass wir alle zu allem fähig sind.


Die großen Marken zeigen Wege auf. Zu mehr Fitness, zu mehr Schönheit, zu mehr Zufriedenheit. Zu einem neuen Selbst und zu einer persönlichen Lebensplanung. Und sie ermöglichen das philosophische „Sosein“. Werte und Botschaften, die sich lieben lassen. Und die man ins eigene Leben holen möchte.

Es geht nicht mehr um das Haben. Sondern um die Liebe. An der wir dann womöglich sogar wachsen. Darum machen wir unsere Botschaften, Marken und das was wir anzubieten haben, liebenswürdig. Geben wir Ihnen Benefits, Produktvorteile, Werte, die unsere Kunden lieben können und ihnen gleichzeitig zu mehr Selbstliebe verhelfen.

Damit wir in Zukunft nicht mehr von „Must-Have-Handtaschen“ reden, sondern von „Love-to-be-cool-Sportswear“, „Love-to-be-clever-cars“, „Love-to-be-healthy-meals“, „Love-to-be-unique-fashion“, usw. 

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Der Liebe auch nicht. Und dem Wachsen schon gar nicht.
 

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